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Eine Polizei demokratisiert sich selbst

Diskussionskommando Berlin

Zivilstreifen

Im Rahmen der Einsatzerpro- bung fuhren wir Zivilstreifen gegen die stark zunehmende Einbruchskriminalität und all- gemeine Unsicherheit auf Park- plätzen. Wir orientierten uns an den Lageberichten der Kri- po und waren dadurch immer an den Schwerpunkten. Dazu kam die Erfahrung der einzel- nen Beamten, die "ihren Kietz" kannten. In der Schloßstraße in Steglitz wurden vermehrt die Schaufen- sterscheiben eingeschlagen und die Auslagen wahllos abge- räumt. Durch den Einsatz von drei Streifen gleichzeitig, nur für diesen kleinen Bereich, konnten durch Aufklärung in den Seitenstraßen und den schnellen Zugriff die Einbruchsserien gestoppt werden. Unsere Anwesenheit sprach sich in den ent- sprechenden Kreisen schnell herum und zeigte nachhaltig Wir- kung. Autodiebstähle und Diebstähle aus Autos auf dunklen Park- plätzen konnten durch Festnahmen auf frischer Tat aufgeklärt aber auch verhindert werden. Die Erfolgserlebnisse, die wir bei diesen nächtlichen Einsätzen hatten, kompensierten ein wenig den Frust, der auf anderen Gebieten entstand. Die Ursachen für unseren Erfolg lagen auf der Hand: wir waren an keine Revier- oder Direktionsgrenzen gebunden. Zeigte sich wärend der Nacht ein ganz anderer Schwerpunkt, wechselten wir un- bürokratisch und schnell unsere Einsatzorte. Wir brauchten dafür keine Anordnung oder Erlaubnis. Unsere Fahrzeuge wa- ren über einen eigenen Funkkreis miteinander verbunden. Es ging keine Zeit bei der Kommunikation verloren.

68er Revolte

bierpinsel
Entscheidungen konnten schnell getroffen werden, da es keine Kompetenzprobleme gab. Die Einsatzdurchführung und die Einsatzorte wurden ausschließlich von uns festge- legt und ausgesucht. Flexibilität auf ganzer Ebene war der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Arbeit. Die zivile Aufklärung bei Veranstaltungen war dann nicht ganz so positiv. Die Fahrzeuge waren z. T. mit Kennzeichen bekannt. Aus großer Entfernung war schon die lange Funk- antenne zu sehen. Selbst bei schlimmstem Dreck- und Schmuddelwetter waren die Dienstfahrzeuge frisch ge- waschen und auf Hochglanz poliert. Da es nicht unsere Fahrzeuge waren, konnten wir dagegen leider nichts tun. Selbst bei Abgabe der Autos morgens um vier Uhr, war die erste feindselige Frage des Wachthabenden: "Haste det Auto jewaschen?". Bei Großveranstaltungen mit gewaltbereiten Besuchern war das Konzept nicht durchführbar. Um sinnvolle Aufklärung zu betreiben mußten wir dicht an den Veranstaltungsort, d. h. vorher durch gewalttätige Besucher. Spätestens beim dritten Anlauf wurden die Zivilwagen schon erwartet. An der Deutschlandhalle wurde dabei eine Vierkant-Holzbohle durch die Windschutzscheibe gerammt und verletzte den Beifahrer erheblich am Kopf. Wir konnten im letzten Moment aus der Menge abdrehen. Der verletzte Kollege wurde erst nach meiner massiven Beschwerde in der Unfallstation der Uniklinik Charlottenburg an seiner blutenden Kopfverletzung behandelt. Zu damaliger Zeit kein Einzelfall, dass erst die durch Räumaktionen der Poli- zei verletzten Personen behandelt wurden. Man verhielt sich eben solidarisch.